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Mikrokosmos und Makrokosmos
Okkulte Schriften von Paracelsus
(München 1989)


 

17. Auslegung der Magie und ihrer Arten;

was Magie sei und was ein Magier sei

(Philosophia sagax, 1. Buch, Bd. X)

Die Magie wird eingeteilt in sechs Arten. Nun ist der Anfang der Magie eine Auslegung der unnatürlichen Zeichen, um diese zu erkennen, wie Gott sie übernatürlich an den Himmel stellt, und die doch wie natürlich erscheinen. So wurde unter anderen der östliche Stern über Bethlehem erkannt. Ebenso wie Christus auf Erden wie ein Mensch gewandelt hat, so hat auch jener Stern unter anderen Sternen gestanden. Und wie Christus allein von den Seinen erkannt wurde, so werden die Sterne allein von den Magiern erkannt. Darum sind Magier die Ausleger solch übernatürlicher Zeichen am Himmel, wie die Apostel Erkenner Christi, und sind dazu gesetzt, das Wort auszulegen, welches Christus spricht: Es werden Zeichen in Sonne, Mond, Sternen usw. So sind die Magier auch Ausleger aller Propheten und der apokalyptischen Offenbarung. Das ist die erste Art der magischen Kunst und sie heißt: Insignis (vornehme Magie).

Eine weitere Art der Magier ist die Kunst, lebende Körper zu bilden, wie zu den Zeiten des Moses geschehen ist. Es handelt sich dabei um die Umwandlung eines Körpers in einen andern. Diese Umwandlung geschah nicht eigentlich magisch, wie hier zu verstehen ist, d. h. zwar magisch, aber nach dem Prozeß der vierten Astronomie'. Sonst ist die umwandelnde Art der Magie die gleiche wie die, durch welche Christus umgewandelt und wie die Sonne leuchtend wurde. So ist die Magie auch an dieser Stelle zu verstehen, und sie heißt mit Recht umwandelnde Magie (Magia transformatoria). Die dritte Art der Magie lehrt, Worte bilden, welche die gleiche Kraft haben, wie die vom Himmel in die Kräuter gelegte. z. B. alles, was der Arzt durch Arzneimittel zu vollbringen versteht, das vermag diese Art von Magie durch Worte. Denn was die natürliche Ordnung aus
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sich selber hergibt, das bietet auch diese Kunst. Und diese Art heißt mit ihrem rechten Namen M. characteralis (charakterische Magie, d. h. Magie, die mit Charakteren, Geheimzeichen, arbeitet). Weiter merket, daß die vierte Art Gamaheu machen lehrt, d. h. alles das tun, was die natürlichen Werkzeuge vermögen. Wie ein Schlüssel ein Schloß öffnet, ein Schwert Wunden schlägt, ein Harnisch beschirmt, so vermag die vierte Art der Magie durch unsichtbare Kunst das zu tun, wozu die Natur sichtbar imstande ist. Und diese Art heißt mit ihrem rechten Namen M. Gamaheos (Paracelsische Bezeichnung).

Ferner vermag die fünfte Art, Bilder zu erzeugen, welche denjenigen gleich sind, die durch die Imagination hervorgebracht werden. Was also auf natürlichem Wege dem Menschen zugefügt werden kann, das kann auch die Magie bewirken, den Menschen krumm, lahm, blind, impotent machen usw. Solches vermag die Natur auf natürlichem Wege; sie vermag auch etliche wieder gesund zu machen. Aber auch diese fünfte Art der Magie vermag das alles und heißt mit ihrem rechten Namen Alter in altera (zweite verändernde Magie). Auch vermag die Magie so zu handeln, daß einer eine Stimme jenseits des Meeres hören kann, daß einer im Westen imstande ist, mit einem anderen zu reden, der im Osten wohnt.'

Denn was die Natur auf hundert Schritte hören kann, das hört diese Art der Magie auf hundert deutsche Meilen.

Und ferner: wie weit die Natur einen Boten oder ein Roß in einem Monat fahren oder laufen lassen kann, das vermag diese Art von Magie in einem Tage zu vollbringen. Was die Natur in einem Jahre zu tun vermag, das vermag sie in einem Monat auch bei den Gewächsen des Erdreichs zu vollenden' Diese Art heißt mit ihrem rechten Namen Ars cabalistica (kabbalistische Kunst).

Diese sechs geschilderten Arten bilden die magische Kunst, auf Latein Artes sapientiae (Künste der Weisheit) genannt. Denn diese sechs Arten sind in Saba im Orient
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und auf der Insel Tharsis für die höchste Weisheit erachtet worden, die von Gott dem Menschen in seinem sterblichen Leben geschenkt worden ist. Und allein die Weisen, denen diese kund sind, hat man Magier geheißen. Darüber hinaus hat man alle andere sterbliche Weisheit für geringer und schwächer gehalten und allein die Magie als die trefflichste und unüberwindlichste Weisheit geschätzt.
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