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Rudolf Steiner
Aufsätze über die Dreigliederung des sozialen Organismus
und zur Zeitlage 1915-1921 - (GA 24)
S. 18: Man ist heute dem Proletariat gegenüber vielleicht gutmütig, aber man ist nicht objektiv ehrlich, wenn man ihm nicht begreiflich macht, daß die Programme, zu denen es sich bekennt, es nicht zu dem Heile führen, das es erstrebt, sondern zum Untergange der europäischen Kultur, mit deren Untergang sein eigener Untergang besiegelt ist.
S. 28: Maßgebend wird bei dieser Gestaltung des Wirtschaftskreislaufes nur sein, daß durch den Verkehr mit dem Auslande nicht Produkte hergestellt oder eingeführt werden, deren Herstellungskosten oder Kaufpreis die Lebenshaltung der arbeitenden Bevölkerung des Inlandes beeinträchtigen.
S. 36: Unser Schulwesen trägt ganz besonders die Charakterzüge an sich, die ein Abbild sind der niedergehenden Strömungen im Kulturleben der gegenwärtigen Menschheit. ... In den Einrichtungen der Schulen spiegeln sich die Bedürfnisse des Staates. ... In dieser Beziehung verspricht die Gesinnung der sozialistisch Denkenden von heute nichts Gutes. ...In diese (Wirtschaftsorganisation) soll sich fortsetzen die Staatsschule. Diese Fortsetzung würde alle Fehler der gegenwärtigen Schule in bedenklichster Art vergrößern.
S. 41/42: Die Verwaltung der Unterrichtsanstalten, die Einrichtung der Lehrgänge und Lehrziele soll nur von Personen besorgt werden, die zugleich lehren, oder sonst produktiv im Geistesleben sich betätigen.
S. 58: Zu den >alten Gedanken< gehört, das Wirtschaftsleben mit politisch-rechtlichen Machtmitteln beherrschen zu wollen. ... Der neue Gedanke, durch den dieser alte ersetzt werden muß, ist: die Befreiung der Wirtschaftsverwaltung von jedem politisch-rechtlichen Machteinschlag; ist: die Leitung der Wirtschaft nach Richtlinien, die sich nur aus den Quellen der Wirtschaft und aus deren Interessen heraus ergeben.
S. 71: Man sollte sich nicht der Illusion hingeben, daß ohne >sozial gestimmte< Menschen ein sozial befriedigender Lebenszustand herbeigeführt werden könne.
S. 73: Der Wirtschaftskreislauf wird dann am lebenskräftigsten sein, wenn ihm auf seinem eigenen Gebiete die Tendenz zum Antisozialen nicht genommen wird; dafür ihm aber fortdauernd aus einem anderen Gebiete, dem geistigen Gliedes des sozialen Organismus, Kräfte zugeführt werden, welche das entstehende Antisoziale wieder zum Sozialen zurückbringen.
S. 82: Von allen Arten des Aberglaubens ist derjenige der schlimmste, der behauptet, man könne Recht und Geist aus der wirtschaftlichen Produktionsform hervorzaubern.
S. 114: Ein freies Geistesleben kann von keinem andern Volke als Grundlage für Feindseligkeiten betrachtet werden.
(Kommentar D.R.: Hier befindet sich Steiner im Irrtum, denn ein freies Geistesleben muß sich auf Wahrheit stützen, weil ein unfreies Geistesleben durch Lüge und Zensur verursacht wird. Ein auf Wahrheit gestütztes freies Geistesleben in Deutschland wird aber vielen Völkern einen Grund zu Feindseligkeiten geben, weil sie Deutschland seit hundert Jahren mit Lügen und Verleumdungen überschüttet haben, die bereits bei einer freien und wahrheitsgemäßen Geschichtsschreibung ans Tageslicht kommen würden.)
S. 186: Warum ist das Geistesleben ohnmächtig? Weil es ohnmächtig werden muß, wenn Staaten die Erziehungs- und Unterrichtsnormen festsetzen.
S. 201: Daß Demokratie restlos das Völkerleben durchdringen muß, sollte eine selbstverständliche Erkenntnis für alle sein, die einen offenen Sinn für das geschichtlich Gewordene haben.
S. 215: Schädlich wirkt nicht das Kapital, sondern seine Verwaltung aus den Privatbesitzverhältnissen heraus, wenn diese Privatbesitzverhältnisse die soziale Struktur des Wirtschaftskörpers von sich abhängig machen können.
S. 216/217: Der sozial richtige Wert eines Gutes (einer Ware) kann sich nur im Vergleich mit anderen Gütern ergeben. Er muß gleich sein dem Wert aller anderen Güter, welche der Hersteller zur Befriedigung seiner Bedürfnisse braucht bis zu dem Zeitpunkte, in dem er ein gleiches Gut wieder hergestellt hat, unter Berücksichtigung derjenigen Bedürfnisse, die durch ihn bei anderen Menschen befriedigt werden müssen.
S. 218: Die Gliederung wird ja nicht so sein, daß sie die Menschen in drei Stände trennt, sondern so, daß ein Mensch mit seinen gesamtmenschlichen Interessen an allen drei Gliedern teil hat. Es wird die Trennung nur eben so vollzogen sein, daß zum Beispiel im Rechtsorganismus oder im Geisesorganismus nichts zu beschließen sein wird, was aus den Interessen des Wirtschaftskreises entspringt. Im Einheitsstaate, in dem die drei Glieder des Lebens ineinander verfließen, wird eine wirtschaftliche Gruppe ihre Interessen zum Gesetz, zum öffentlichen Recht machen können. In dem dreigliedrigen Organismus wird dies nicht geschehen können, weil wirtschaftliche Interessen nur im Wirtschaftskreislauf sich ausleben können und keine Möglichkeit besteht, sie in das Recht hinüberfließen zu lassen.
S. 227/228: Notwendig allerdings wird sein, daß durch den Verkehr mit dem Auslande nicht Produkte in das Inland gebracht werden, deren Herstellungskosten oder Kaufpreis die Lebenshaltung der Bevölkerung beeinträchtigen. Ebensowenig werden durch die Beziehungen zum Auslande im Inlande notwendige Produktionszweige zerstört werden dürfen dadurch, daß in ihnen wegen der Billigkeit der entsprechenden Auslandsware nicht gearbeitet werden kann. Aber alles dieses kann durch die Wirkung der Assoziationseinrichtungen verhindert werden.
S. 235: Wenn die wirtschaftlich Mächtigen in der Lage sind, ihre Macht zur Erringung von Rechtsvorteilen zu gebrauchen, so wird sich bei den wirtschaftlich Schwachen der Widerstand gegen diese Vorteile entwickeln. Und dieser muß, wenn er genügend stark geworden ist, zu revolutionären Erschütterungen führen.
S. 247: Zur sozialen Neugestaltung gehört nicht nur ein guter Wille, sonder auch der Mut, welcher dem Unglauben an die Kraft des Geistes sich entgegenstellt.
S. 253: Die Höhe einer Kapital- oder Lohnsumme bleibt dieselbe, wenn man statt einer Warengattung für sie eine andere erwirbt, oder wenn man für eine Art der Arbeit eine andere eintauscht. Dadurch aber werden die Lebensgüter erst ‚Waren', daß man sie durch die Kapitalmenge, in der ihre besondere Eigenart keinen Ausruck findet, erwerben oder verkaufen kann.
Diesen Warencharakter vertragen aber nur diejenigen Lebensgüter, die vom Menschen unmittelbar verbraucht werden. Denn für deren Werk hat der Mensch einen unmittelbaren Maßstab in seinen leiblichen oder seelischen Bedürfnissen. Ein solcher Maßstab liegt weder für Grund und Boden noch für die künstlich hergestellten Produktionsmittel vor. Deren Werbemessung ist von vielen Faktoren abhängig, die nur anschaulich werden, wenn man die ganze soziale Struktur des Menschenlebens ins Auge faßt.
S. 260: Das Wirtschaftsleben im dreigliedrigen sozialen Organismus kommt durch das Zusammenwirken der aus den Produktionserfordernissen und Konsumtionsinteressen sich bildenden Assoziationen zustande. Diese werden die Entscheidungen haben über die Kreditgewährung und Kreditentgegennahme. ... Die Verantwortung für Kreditgewährung und Kreditentgegennahme wird den Assoziationen zufallen.
S. 264: Er (der Kreditverkehr) wird letzten Endes nur gesund wirken können, wenn der Kreditgewährer sich verantwortlich fühlt für dasjenige, was durch seine Kreditgewährung geschieht; und wenn der Kreditnehmer durch die wirtschaftlichen Zusammenhänge - durch die Assoziationen -, in denen er drinnensteht, dem Kreditgewährer Unterlagen für diese Verantwortlichkeit liefert.