Impfschutz

Rudolf Steiner

 Die Offenbarungen des Karma

 

Rudolf Steiner

Die Offenbarungen des Karma

GA 120 -Seite 170-176 -

.....der Lieblosigkeit fortschaffen, die Verpflichtung übernehmen, auf die Seele so zu wirken, daß wir auch der Seele die Neigung zur Lieblosigkeit nehmen. Das Organ der Lieblosigkeit wird im eminenten Sinne getötet — im äußeren leiblichen Sinne — in der Pockenimpfung. Da zeigt sich zum Beispiel folgendes, was geisteswissenschaftlich erforscht ist: In einer Kulturperiode traten die Blattern auf, als die allgemeine Neigung bestand, im höheren Maße Egoismus, Lieblosigkeit zu entwickeln. Da traten die Blattern auf, auch in der äußeren Organisation; das ist so. Man ist in der Theosophie durchaus verpflichtet, die Wahrheit zu sagen.

Nun können wir es begreifen, daß in unserer Zeit der Impfschutz aufgetreten ist. Wir können aber noch etwas anderes begreifen, daß nämlich bei den besten Geistern unserer Zeit etwas wie ein Widerwille gegen Impfung vorhanden ist. Das steht mit einem Inneren in Korrespondenz, das ist das Äußere eines Inneren. Und wir können jetzt sagen: Wenn wir auf der einen Seite das Organ töten, hätten wir auch die Verpflichtung, als Gegenstück dazu bei diesem Menschen den materialistischen Charakter durch eine entsprechende spirituelle Erziehung anders zu gestalten. Das müßte das notwendige Gegenstück sein. Wir leisten sonst nur halbe Arbeit. Ja, wir leisten nur eine Arbeit, zu der der Mensch selber in einer späteren Inkarnation in irgendeiner Weise wird das Gegenstück schaffen müssen, wenn er das Pockengift in sich hat und die Eigenschaft aus sich herausgeschafft hat, durch die man geradezu hinneigt zur Blatternerkrankung. Hat man die Empfänglichkeit für die Blattern herausgeschafft, so hat man nur die äußere Seite der karmischen Wirksamkeit ins Auge gefaßt. Wenn man auf der einen Seite Hygiene übt, muß man anderseits die Verpflichtung fühlen, den Menschen, deren Organisation man umgewandelt hat, auch etwas für die Seele zu geben. Impfung wird keinem Menschen schaden, welcher nach der Impfung im späteren Leben eine spirituelle Erziehung erhält. Wir haben die Waagschale zu stark zum Sinken gebracht, wenn wir nur auf die eine Seite abzielen und auf die andere keinen Wert legen. Das fühlt man im Grunde in den Kreisen, wo man sagt: Wo hygienische Maßregeln zu weit gehen, würden nur schwache Naturen fortgepflanzt. Das ist zwar unberechtigt; aber Sie sehen, wesentlich ist, daß man eine Aufgabe nicht ohne die andere übernehmen darf.

Da kommen wir zu einem wichtigen Gesetz in der Menschheitsentwickelung, das so wirkt, daß immer ein Äußeres und ein Inneres sich die Waage halten müssen und daß man nicht bloß auf das eine sehen darf, sondern auch das andere nicht unberücksichtigt bleiben darf. Da sehen wir in einen großen Zusammenhang hinein und sind jetzt noch nicht einmal zur Behandlung der Frage gekommen: Wie verhalten sich Hygiene und Karma zueinander? Sie werden sehen, daß uns die Beantwortung dieser Frage noch tiefer hineinführt in das Karma. Und wir werden noch sehen, wie auch zwischen der Geburt und dem Tode des Menschen karmische Zusammenhänge bestehen und ferner, wie andere Persönlichkeiten hineinspielen in ein Menschenleben und wie sich der freie Wille des Menschen und das Karma im Einklange befinden.

NEUNTER VORTRAG Hamburg, 26. Mai 1910

Es wird ja, wie ich wiederholt bemerkte, nur möglich sein, die großen karmischen Gesetzmäßigkeiten in einigen skizzenhaften Linien anzudeuten, um Anregungen zu geben auf diesem schier unermeßlichen Gebiete. Wenn Sie alles bedenken, was wir in den letzten Tagen besprochen haben, so werden Sie es nicht mehr auffällig finden, daß der Mensch geradezu aus gewissen Bewußtseinsschichten heraus getrieben wird, die ausgleichenden Wirkungen für karmische Ursachen, die er sich selber einverleibt hat, auch in der Außenwelt zu suchen. Er kann geradezu dorthin getrieben werden, wo er zum Beispiel eine Infektion erhalten kann, um in dieser die ausgleichenden Wirkungen für eine sich einverleibte karmische Ursache zu suchen, und selbst zu dem,was man Lebensunfälle nennen kann, kann der Mensch hingetrieben werden, um mit dem Hereinbrechen eines solchen Lebensunfalles eine Ausgleichung zu suchen.

Wie ist es nun mit dem karmischen Verlauf, wenn wir durch irgendwelche Maßnahmen in die Lage kommen, den Menschen daran zu hindern, diesen Ausgleich zu suchen?

Nehmen wir an, daß wir durch gewisse hygienische Maßnahmen dahin wirken, daß gewisse Ursachen, gewisse Dinge, für die vielleicht der Mensch vermöge seiner karmischen Zusammenhänge Neigung haben muß, überhaupt nicht da sein können. Denken wir uns, es gelänge durch hygienische Maßnahmen, gewisse Krankheitserreger auf einem bestimmten Gebiet zu bekämpfen. Nun haben wir uns bereits vor die Seele geführt, daß es keineswegs im Belieben der Menschen steht, solche Maßnahmen zu treffen. Wir haben gesehen, wie in einem bestimmten Zeitalter zum Beispiel die Neigung zu Reinlichkeitsgesetzen daher entsteht, weil einfach diese Neigung, die in der Zwischenzeit verschwunden war, jetzt bei der umgekehrten Wiederholung in der Entwickelung wieder auftaucht. Daraus haben wir gesehen, daß es in den großen Gesetzen des Menschheitskarma überhaupt liegt, daß in einem bestimmten Zeitpunkt der Mensch dazu kommt, diese oder jene Maßnahmen zu treffen.

Wir werden es aber auch leicht begreifen, daß der Mensch in einem früheren Zeitalter nicht dazu gekommen ist, derartige Maßnahmen zu treffen, weil die Menschheit in einem früheren Zeitraum die Epidemien brauchte, die jetzt durch die hygienischen Maßnahmen aus der Welt geschafft werden sollen. In bezug auf große Einrichtungen im Leben unterliegt wirklich die Menschheitsentwickelung ganz bestimmten Gesetzen, und bevor etwas für die gesamte Menschheitsentwickelung von Bedeutung und von Nutzen sein kann, tritt gar nicht die Möglichkeit ein, solche Maßnahmen zu treffen. Denn aus dem vollbewußten, vernünftigen, verständigen Leben, das sich der Mensch zwischen Geburt und Tod aneignen kann, kommen ja solche Maßnahmen nicht, sondern sie kommen aus dem Gesamtgeist der Menschheit. Und Sie brauchen sich nur einmal vor Augen zu halten, wie diese oder jene Erfindung oder Entdeckung auch erst dann auftritt, wenn die Menschheit wirklich dafür reif ist. Ein kleiner Überblick über die Geschichte der Entwickelung der Menschheit auf der Erde kann Ihnen da so manches bieten. Denken Sie nur daran, daß unsere Vorfahren — das heißt unsere eigenen Seelen — in Leibern von ganz anderer Gestalt als die heutigen Menschenleiber auf dem alten atlantischen Kontinent gelebt haben, daß dann dieser atlantische Kontinent hinuntergesunken ist und daß die Einrichtungen, die wir heute treffen, sich erst im Bereiche unserer heutigen Kontinente gebildet haben. Es wurden dann in einem ganz bestimmten Zeitalter erst die Bewohner der einen aufgetauchten Erdhälfte mit den Bewohnern der andern zusammengeführt. Erst vor kurzem, in einer gar nicht so fernen Vergangenheit, konnten die Völker Europas die Gebiete wieder erreichen, die nach der andern Seite des atlantischen Kontinents sich abgegliedert haben. In solchen Dingen herrschen wirklich große Gesetze. Und ob diese oder jene Dinge entdeckt werden oder ob Maßnahmen getroffen werden, welche es in dieser oder jener Richtung möglich machen, karmisch einzugreifen, das hängt nicht von der Meinung oder der Willkür der Menschen ab, sondern das tritt ein, wenn es eintreten soll. Aber dessen ungeachtet: Wenn wir gewisse Ursachen hinwegräumen, welche sonst dagewesen wären und die durch ihre kar-mische Verwicklung gewisse Menschen aufgesucht hätten, so können wir dadurch das Karma der Menschen beeinflussen. Dieses Beeinflussenheißt aber nicht, daß wir es hinwegschaffen, sondern es heißt, daß wir es in eine andere Richtung lenken.

Denken wir uns also den Fall, eine Anzahl von Menschen würde sich durch karmische Verwicklung gedrängt fühlen, bestimmte Einflüsse aufzusuchen, welche ein karmischer Ausgleich sein würden. Durch hygienische Maßnahmen sind nun einstweilen diese Einflüsse oder Verhältnisse hinweggeräumt worden, die Menschen können sie nicht mehr suchen. Darum aber werden diese Menschen nicht befreit von dem, was in ihnen als karmische Wirkung herausgefordert wird, sondern sie werden gedrängt, andere Wirkungen aufzusuchen. Seinem Karma entkommt der Mensch nicht. Er wird durch solche Maßnahmen nicht entlastet von dem, was er sonst aufgesucht hätte.

Daraus können Sie entnehmen, daß für einen karmischen Ausgleich, den wir in der Lage wären, nach einer Seite wegzuschaffen, wieder ein Ausgleich nach einer andern Richtung entstehen müßte. Wir schaffen nur die Notwendigkeit, andere Gelegenheiten und Einflüsse aufzusuchen, wenn wir irgendwelche Einflüsse hinwegräumen. Nehmen wir nun an, daß viele Epidemien, gemeinsame Krankheitsursachen, einfach darauf zurückzuführen sind, daß die Menschen, welche diese Krankheitsursachen aufsuchen, hinwegräumen wollen, was sie sich karmisch anerzogen haben, wie zum Beispiel bei der Pockenepidemie Organe der Lieblosigkeit. Brächten wir es zustande, diese Organe hinwegzuräumen, so bliebe die Ursache der Lieblosigkeit trotzdem bestehen, und die betreffenden Seelen müßten dann in dieser oder einer andern Inkarnation den entsprechenden Ausgleich in einer andern Weise suchen. Wir können begreifen, was da stattfindet,wenn wir auf etwas hinweisen, worauf wir sicher zählen müssen, und das ist das Folgende.

Heute werden in der Tat eine ganze Menge von äußeren Einflüssen und Ursachen hinweggeräumt, die sonst aufgesucht worden wären zum Ausgleich gewisser karmischer Dinge, welche die Menschheit in früheren Zeitaltern auf sich geladen hat. Dadurch aber schaffen wir nur die Möglichkeit hinweg, daß der Mensch äußeren Einflüssen verfällt. Wir machen ihm das äußere Leben angenehmer oder auch gesünder. Dadurch erreichen wir aber nur, daß dasjenige, was der Mensch in dem entsprechenden Krankheitsverhältnis sich als karmischen Ausgleich gesucht hätte, nun auf anderem Wege gesucht werden muß. Die Seelen, welche auf diesem Wege heute in gesundheitlicher Beziehung gerettet werden, werden also dazu verurteilt, in einer andern Weise diesen karmischen Ausgleich zu suchen. Und Sie werden ihn suchen müssen in zahlreichen Fällen, die gerade zu den geschilderten gehören. Indem ihnen durch ein gesünderes Leben größere physische Annehmlichkeit bereitet wird, indem ihnen das physische Leben erleichtert wird, wird die Seele dadurch in der entgegengesetzten Weise beeinflußt; sie wird so beeinflußt, daß sie nach und nach eine gewisse Leerheit, eine Unbefriedigtheit, eine Unerfülltheit empfinden wird. Und wenn es so fortgehen würde, daß das äußere Leben immer angenehmer, immer gesünder würde, wie man es nach den allgemeinen Vorstellungen im rein materialistischen Leben haben kann, dann würden solche Seelen immer weniger Ansporn haben, in sich selber weiterzukommen. Eine Verödung der Seelen würde in gewissem Sinne parallel einhergehen.

Wer sich genauer das Leben ansieht, kann das heute schon bemerken. In kaum einem Zeitalter hat es so viele Menschen gegeben, welche in so angenehmen äußeren Verhältnissen leben, aber mit öden, unbeschäftigten Seelen einhergehen, wie es heute der Fall ist. Diese Menschen eilen darum von Sensation zu Sensation; dann, wenn das Pekuniäre reicht, reisen sie von Stadt zu Stadt, um etwas zu sehen, oder wenn sie in derselben Stadt bleiben müssen, eilen sie jeden Abend von Vergnügen zu Vergnügen. Die Seele bleibt aber darum doch öde, weiß zuletzt selber nicht mehr, was sie aufsuchen soll in der Welt, um einen Inhalt zu bekommen. Namentlich wird durch ein Leben in rein äußeren, physisch annehmlichen Zuständen der Hang erzeugt, nur über das Physische nachzudenken. Und wenn diese Neigung, sich nur mit dem Physischen zu beschäftigen, nicht schon lange vorhanden wäre, so würde auch nicht die Neigung zum theoretischen Materialismus so stark geworden sein, wie es in unserer Zeit der Fall ist. So werden die Seelen leidender, während das äußere Leben gesünder gemacht wird.

Am wenigsten hat der Theosoph über eine solche Tatsache zu klagen, weil überall die Theosophie uns Verständnis der Dinge schafft und damit ein Einsehen, wo der Ausgleich ist. Die Seelen können nur bis zu einem gewissen Grade leer bleiben; dann werden sie wie durch die eigene Elastizität nach der andern Seite hingeschnellt. Sie suchen dann einen Inhalt, der verwandt ist mit den Tiefen der eigenen Seele, und sie werden dann einsehen, wie notwendig sie es haben, zu einer theosophischen Weltanschauung zu gelangen.

So sehen wir, wie das, was aus den materialistischen Lebensauffassungen herauskommt, wohl das äußere Leben erleichtert, aber Schwierigkeiten des inneren Lebens schafft, die dahin führen, aus den Leiden der Seele heraus den Inhalt einer spirituellen Weltanschauung zu suchen. Die spirituelle Weltanschauung, wie sie sich heute als die theosophische kundgibt, kommt so den Seelen entgegen, die in der Verödung, an dem, was das äußere Leben, das ganz angenehm eingerichtet sein kann, ihnen an Eindrücken zu geben vermag, keine Befriedigung finden können. Die Seelen werden so lange suchen, immer wieder Neues aufzunehmen, bis die Elastizität von der andern Seite so stark wirkt, daß die Seelen mit dem sich vereinigen werden, was man spirituelles Leben nennen kann. So gibt es eine Beziehung zwischen Hygiene und den Zukunftshoffnungen der geisteswissenschaftlichen Weltanschauung.

Sie können das heute im Kleinen schon bemerken. Es gibt heute solche Seelen, welche zu andern Äußerlichkeiten eine neue Äußerlichkeit fügen: sich zu interessieren für die theosophische Weltanschauung, welche als neue Sensation die theosophische Weltanschauung aufnehmen. Das ist etwas, was sich bei jeder Strömung in der Menschheitsentwickelung zeigt, daß das, was tiefe, innere Bedeutung hat, auch als Mode, als Sensation wirkt. Aber die wahrhaft für die Theosophie vorbereiteten Seelen sind solche, welche sich entweder unbefriedigt fühlen durch die äußeren Sensationen oder auch einsehen, daß die äußere Wissenschaft mit all ihren Erklärungen die Tatsachen nicht erklären kann. Diese Seelen sind es, welche durch ihr Gesamtkarma so präpariert sind, daß sie sich mit den innersten Gliedern ihres Seelenlebens mit der Theosophie verbinden können. Geisteswissenschaft gehört auch zum Gesamtkarma der Menschheit, und sie wird sich als solche darin einfügen.

So können wir das Karma der Menschen nach der einen oder andern Seite in eine andere Richtung bringen; aber wir können nicht die Rückwirkung auf den Menschen beseitigen. In irgendeiner Weise kommt das Copyright Rudolf Steiner Nachlass-Verwaltung Buch: 120 Seite:176

04.12.2021